Supply Chain Transparency (SCT)

Softwarekonzept für digitale transparente Lieferketten

Belohnen statt bestrafen! Wir stellen ein Softwarekonzept für eine dezentrale, vernetzte und über Plugins erweiterbare digitale Lieferkettentransparenz vor.

Supply Chain Transparency - English Version

Heute adelt ein prominentes BIO-Label eine Avocado für ihre guten Produkteigenschaften und lässt uns vieles andere schnell vergessen. Obwohl eine Bio-Avocado sehr gute Produkteigenschaften, was ihre Inhaltsstoffe angeht, aufweist, wird sie im Bereich Ressourcenverbrauch wegen des sehr hohen Wasserverbrauchs und der weiten Transportwege nicht so gut dastehen. Wenn die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung dann noch schlecht sind, ist es auch mit der sozialen Verantwortung auch nicht weit her.

Als Verbraucher habe ich im Moment kaum eine Chance, mehr Kriterien und Aspekte in meine Kaufentscheidung mit einzubeziehen, als die Hersteller es mich wissen lassen wollen. Lobbygruppen verhindern allzu oft eine aussagekräftige Kennzeichnung. Energielabels und Nutriscores kennzeichnen ein Produkt nur jeweils unter einem bestimmten Aspekt. Andere Aspekte werden nur erwähnt, wenn es zum Vorteil des Herstellers ist. Inhaltsstoffe werden unleserlich klein auf die Verpackung gedruckt und sind auch ohne Kenntnisse in Lebensmittelchemie kaum zu verstehen. Fehlende Transparenz öffnet hier Tür und Tor für Greenwashing.

Bei Micromata ist deshalb eine Idee für ein System entstanden, die sich um das Thema Lieferkettentransparenz oder Supply Chain Transparency oder kurz SCT dreht. Das nachfolgend vorgestellte Konzept und das daraus resultierende SCT-System soll es Herstellern ermöglichen vergleichbare Produkte nach einheitlichen Kriterien zu kennzeichnen und die Lieferketten transparent zu machen. Dabei wird Transparenz mit einem Punktesystem belohnt, aber Intransparenz ist nicht verboten und wird auch nicht bestraft.

Profitieren von SCT können vor allem auch kleinere und mittlere Unternehmen, für die eine durchgängige Lieferkettentransparenz nur sehr schwer umsetzbar ist. SCT bietet den Herstellern, die jetzt schon Gutes tun, eine einfache Möglichkeit das auch kund zu tun - ohne dabei viel Geld für Software, fragwürdige Produktlabels und Marketing ausgeben zu müssen. SCT kann auch diejenigen entlarven, die mehr Wert auf Marketing und Greenwashing legen als auf gute und ehrliche Produkte. “Tue (nachprüfbar) Gutes und rede darüber” und NICHT “Tue so als tust du Gutes und rede darüber”. Je mehr sich transparent zeigen und ihre Produkteigenschaften und Lieferketten offenlegen je größer wird der Druck auf diejenigen, die hier etwas zu verbergen haben.

Das System sollte z.B. von der EU als Werte- und Handelsbündnisse im Sinne von Klimaschutz, Menschenrechten, Tierwohl, Datenschutz, Verbraucherschutz und sozialer Verantwortung und basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen umgesetzt und betrieben werden. SCT ist ein System von öffentlichem Interesse und verfolgt keine kommerziellen Ziele.

Technische Funktionsweise

SCT ist ein verteiltes System, in dem sich Hersteller eine oder mehrere SCT-Instanzen einrichten und betreiben können. Diese wird i.d.R. in einer Cloud betrieben und ist in eine abgesicherte SCT-Infrastruktur eingebettet. Hersteller können hier für eine Lieferkettentransparenz relevanten Daten zu Ihren Produkten einpflegen. Dabei behalten die Hersteller immer die Hoheit und entscheiden welche Daten nach außen gegeben werden oder welche Auswertungen auf welche Daten innerhalb ihrer SCT-Instanz zugreifen dürfen.

Hersteller können Zulieferbeziehungen über Datenschnittstellen zu SCT-Instanzen ihrer Zulieferer herstellen und dort Daten abrufen. Die Zulieferer tun dies Ihrerseits mit ihren Zulieferern, verarbeiten die Daten und reichen das Ergebnis nach oben weiter. Damit kann dann die gesamte Lieferkette abgebildet und relevante Daten aus allen Zulieferzweigen abgefragt werden.

Wesentlicher Teil des SCT-Konzepts sind nachladbaren Softwarekomponenten, sogenannte SCT-Plugins, die von vertrauenswürdigen Organisationen entwickelt und bereitgestellt werden. SCT-Plugins können bestimmte Zugriffsrechte auf die internen Daten der SCT-Instanz anfordern, was von den Betreibern der SCT-Instanzen ähnlich wie bei einer Smartphone-App zugelassen werden muss. SCT-Plugins erzeugen Auswertungen auf Basis der internen Daten einer SCT-Instanz oder eines beantworteten Fragebogens. Die SCT-Plugin-Datensätze der Zulieferer werden in den SCT-Instanzen kumuliert und über die Lieferkette nach oben weitergegeben.

Beispiel Pestizid Plugin: Hersteller wissen, dass sie die im Produkt enthaltenen Pestizidrückstände in vielen Märkten offen legen müssen und veröffentlichen diese in Ihrem Mengengerüst, welches von SCT automatisch bis zum Endprodukt mit hoch gereicht werden und aufsummiert werden kann. Länder und Absatzmärkte haben i.d.R. verschiedene Grenzwerte für Pestizidrückstände und bilden das jeweils über eigene Plugins mit den nationalen Grenzwerten ab. Wenn ich als Hersteller selbst das Gemüse aus dem Boden hole und verarbeite, muss ich die Maximalmenge der Rückstände selbst ermitteln oder sonst von meinen Zulieferern abrufen.

Beispiel Wasserstoff-Plugin: Sogar das Produkt Wasserstoff, was nur aus dem kleinstmöglichen Element besteht und sonst bestenfalls noch über den Reinheitsgrad beurteilt werden kann, kann über ein SCT-Plugin bewertet werden. Wie ist die CO2-Bilanz des Herstellungsprozesses für die einzelnen Zulieferquellen. Wie sind die Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern, wie viel Geld bleibt in den Herstellerländern und bei wem dort? Wie ist der Ressourcenverbrauch beim Transport? Unternehmen, die viel Energie in Form von Wasserstoff für ihre Herstellungsprozesse benötigen, können diese Informationen in die Ressourcen- und Soziale-Verantwortung-Bilanz ihrer Produkte einfließen lassen. Bei russischem Gas haben wir schmerzlich lernen müssen, dass der Reinheitsgrad und der Preis nicht das einzige Entscheidungskriterium sein sollte.

Beispiel Gastronomie Plugin: Gastronomen beschäftigen und bezahlen Mitarbeiter und setzen Produkte in Form von verwendeten Zutaten und Arbeitsmitteln ein und sie verbrauchen Ressourcen. Damit kann sowohl der ganze Gastronomiebetrieb als auch jedes Gericht auf der Speisekarte nach verschiedenen Beurteilungskriterien bewertet werden. Im Supermarkt kaufen mittlerweile viele Bio aber wer fragt bei einem 7 € Schnitzel in der Gaststätte schon nach der Herkunft?

Halal-Plugin: Eine muslimische Glaubensgemeinschaft könnte ein Plugin herausgeben, das abfragt, ob in einem Produkt Schweinefleisch verwendet wird. Das Plugin besteht dann aus einem Formular mit nur einer Checkbox, das sogar über einen Konfigurator selbst erstellt werden könnte. Gegenüber einer gesetzlichen Kennzeichnungspflicht, die bis zur Einführung Jahre brauchen kann, reden wir beim Ausrollen eines so einfachen Plugins eher von Tagen und Wochen.

Plugins können eigenständig funktionieren und ihre Ergebnisse nur über die Herstellerwebseiten oder eine spezielle App abrufbar machen oder aber ein aufgedrucktes Produktlabel (z.B. eine Tierwohl-Kennzeichnung) nachvollziehbar machen. Sie können außerdem Punkte für die Bewertungskriterien beitragen.

Ihr Wirkungsbereich ist dabei nicht auf ein Produkt und dessen Verpackung beschränkt, sondern kann z.B. auch den verkaufenden Markt für kurze Transportwege belohnen. Plugins können kommen und gehen und können sich an bestehende und zukünftige Anforderungen anpassen, sie können freiwillig sein oder in bestimmten Märkten auch verpflichtend. Welches Thema sie bearbeiten ist letztendlich eine Frage der Fantasie.

Während SCT-Instanzen und die verwendete Cloud- und Kommunikationsinfrastruktur das Betriebssystem von SCT ist, sind SCT-Plugins die Apps, die SCT zu einem mächtigen und zukunftssicheren Werkzeug machen.

Multiscore-Produktlabel

Neben Produktlabeln, die eine bestimmte Eigenschaft des Produkts kennzeichnen, führt SCT ein einheitliches Multiscore-Produktlabels ein, die ein Produkt in den Bewertungsbereichen:

  • Produkteigenschaften
  • Ressourcenverbrauch
  • Soziale Verantwortung

bewerten und Scores ähnlich dem Nutriscore oder Energielabel berechnen. So sammeln spezielle Plugins über die Lieferkette hinweg Punkte für die die jeweiligen Scores-Bereiche ein.

Welche Plugins wie in die Bewertungen mit einfließen legen Gremien aus Politik unter Einbeziehung von Lobbygruppen, NGOs und Umweltschutzorganisationen fest. Die Scores der Produkte werden auf die Verpackung oder die Rechnung gedruckt und auf SCT-Produkt-Webseiten veröffentlicht.

Vorhandenen Produktlabels können auch weiterhin oder für eine Übergangszeit ihre Daseinsberechtigung behalten, weil sie für viele Menschen gut verständlich sind und einfach funktionieren. Diese könnten aber in Zukunft über SCT dokumentiert und nachvollziehbar sein. Die vielen, oft Marketing getriebenen Produktlabels werden von den Herstellern finanziert und die Kosten dafür letztendlich auch den Konsumenten aufgebürdet. Viele der von Regierungen gut gemeinten Vorstöße, verpflichtende Labels einzuführen, scheitern oft am Veto der Hersteller, oder sind schlichtweg nur schwer umsetz- und überprüfbar, wie z.B. das Lieferkettengesetz. Auf beiden Seiten wird sehr viel Arbeit und Geld investiert und letztendlich wenig damit erreicht.

Das zugrunde liegende Regelwerk für die Berechnung der Scores kann sehr einfach sein:

  • Hat ein Produkt in einem Bewertungsbereiche gute Eigenschaften, bekommt es viele Punkte.
  • Hat ein Produkt in einem Bewertungsbereiche schlechte Eigenschaften, bekommt es wenig Punkte.
  • Wird ein Zweig der Zulieferkette nicht mit SCT abgebildet bekommt das Produkt aus diesem Zweig keine Punkte.
  • Wird ein Zweig der Zulieferkette zwar mit SCT abgebildet, aber nicht veröffentlicht bekommt das Produkt aus diesem Zweig ggf. weniger Punkte.
  • Wird ein gesetzlich verpflichtendes Plugin, wie z.B. das Verbot von Kinderarbeit beim Lieferkettengesetz in einem Zulieferzweig nicht verwendet, bekommt das Produkt keine Marktzulassung.

Multiscore Produktlabel

Abb. 1 Multiscore Produktlabel

Ein Multiscore-Produktlabel ist i.d.R. auf der Verpackung eines Produkts aufgedruckt und spiegelt, was die Score-Punkte angeht, den Zustand zum Zeitpunkt der Herstellung wider.

Ein QR-Code verlinkt direkt auf die aktuelle SCT-Infowebseite des Produkts, die über einen Browser und/oder über eine spezielle APP aufgerufen werden kann.

Ein Multiscore (Produkt-) Label kann neben der Verpackung aber auch anders Verwendung finden:

  • auf einer Produktwebseite,
  • auf einer Supermarktrechnung gemittelt über den gesamten Einkauf,
  • Score eines Markts / einer Handelskette gemittelt über die verkauften Produkte über die Zeit,
  • Score eines Konzerns gemittelt über die verkauften Produkten über die Zeit,
  • Score eines Landes gemittelt über die exportierten und importierten Produkten über die Zeit,
  • Persönlicher Score der NUR mir mein Konsumverhalten über die Zeit aufzeigt, z.B. in einer APP,
  • Rechnungen fast jeder Art.

Sicher werden viele im Einkaufsmarkt nicht jedes Produkt in einer APP checken und die Scores vor dem Kauf berücksichtigen. Vielleicht schaue ich mir aber später zu Hause an, welches Produkt auf meiner Supermarktrechnung meinen Sozialeverantwortungsscore “versaut” hat und kaufe dieses Produkt vielleicht nicht nochmal.

Bewertungskriterien des Multiscore Label

Produkteigenschaften

Die Produkteigenschaften werden im Wesentlichen von der Qualität der Inhaltsstoffe und von der Qualität der Verarbeitung bestimmt. Jeder Produkttyp hat dabei andere Bewertungskriterien. So kann die Bewertung der Produkteigenschaften eines Lebensmittels zum großen Teil analog dem jetzigen Nutriscore vorgenommen werden und durch weitere Kriterien wie potenziell schädliche Inhaltsstoffe ergänzt werden. Bei technischen Produkten wie z.B. einem TV-Gerät zählt dagegen mehr die Bild- und Klangqualität, sowie der Energieverbrauch (jetziges Energielabel).

Ressourcenverbrauch

Neben dem reinen Mengengerüst, mit dem die Inhaltsstoffe und letztendlich die Qualität eines Produkts bestimmt werden können, spielen für eine gesamtheitliche Produktbewertung auch der Ressourcenverbrauch eine zentrale Rolle. Entsprechend gibt es auch einen Score “Ressourcenverbrauch”, der nicht nur aber auch die Aspekte des Klimawandels berücksichtigt. Hier geht es in erster Linie um den Ressourcenverbrauch bei der Herstellung und beim Transport über die ganze Lieferkette hinweg. Ob das Produkt als solches Energiesparend ist, zählt in den Score Produkteigenschaften ein (als Verbraucher spare ich Energiekosten), kann aber über seine angenommene Lebensdauer auch in den Score Ressourcenverbrauch mit einfließen.

Innerhalb einer SCT-Instanz eines Herstellers wird der Ressourcenverbrauch, der bei der Wertschöpfung entsteht, für verschiedene Aspekte (Klimaschädlichkeit, Energie, Wasser, Rohstoffe, Naturschutz…) festgehalten und an die nächst höhere SCT-Instanz weitergegeben und den gesamten Lieferkettenbaum hoch gereicht und kumuliert. Bei einer Zulieferbeziehung wird hier außerdem der Ressourcenverbrauch beim Transport berücksichtigt.

Weiterhin fallen in diesen Bereich Themen wie Recyclinganteil und Recycelbarkeit bei Produkten und Verpackungen, sowie ein funktionierendes Pfand und Rücknahmesystem.

Auch die Langlebigkeit von vor allem technischen Produkten spielt eine wichtige Rolle. Da dies oft erst lange nach dem Kauf feststellbar ist, könnte auch der Hersteller als solcher Punkte für langlebiges Produktdesign bekommen, sobald diese Daten vorliegen. Dazu könnten Daten bei Reparatur oder Rücknahme von technischen Produkten erhoben werden.

Soziale Verantwortung

Wir leben hier in einer stabilen Demokratie und in der EU in einer Wirtschafts- und Wertegemeinschaft. Während wir alle von der florierenden Wirtschaft profitieren, drücken wir alle bei den Werten auch gerne mal ein Auge zu und fragen nicht so genau nach, wenn es besonders billig ist.

Letztendlich finanzieren wir aber damit auch Autokratien und Länder, wo es mit den Menschenrechten nicht so genau genommen wird, wo es Kinder- und Sklavenarbeit gibt und wo durch Dumpinglöhne kaum Geld bei den Menschen ankommt. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, der maßgeblich mit Geld für Energie für Europa finanziert wird, hat uns unmissverständlich gezeigt, dass wir in diesem Bereich nicht mehr die Augen zudrücken sollten.

Konzerne, Autokratien und deren Staatskonzerne sollten auch für ihr Verhalten in den Hersteller-Ländern bewertet werden. Ein gutes Maß dafür sind auch die Geldflüsse, die in der Lieferkette nach unten fließen und z.B. folgende Fragen über Plugins beantworten:

  • Wie viel Geld fließt in einen Staatskonzern eines autokratisch geführten Landes?
  • Wie wenig Geld kommt bei den Menschen an, die die Wertschöpfung in den Herstellerländern leisten?
  • Gibt es Kinder oder Sklavenarbeit bei den Zulieferern?
  • Wurde bei der Herstellung von tierischen Bestandteilen auf Tierwohl geachtet?

Geldflüsse (absolut oder prozentual) können über die gesamte Lieferkette intern festgehalten werden und für die Berechnung des Scores “Soziale Verantwortung” mit herangezogen werden, ohne dabei zu viele Firmengeheimnisse preiszugeben.

Die großen Mängel in diesem Bereich sind oft in der Presse und durch aufwendige Recherchen offengelegt. Manche Hersteller gehen dann in die Offensive und erfinden halbherzige und undurchsichtige Produktlabels, die suggerieren sollen, dass alles gut ist, aber wirklich nachprüfbar ist das nicht. Auch wenn vieles davon vielleicht wirklich gut gemeint ist, zählt letztendlich doch nur der wirtschaftliche Erfolg, was ja auch einfach die Natur eines Wirtschaftsunternehmens ist. So gehen einige Unternehmen an die ethischen Grenzen und manche überschreiten diese auch deutlich. Die oft dafür genannte Entschuldigung, dass es ja alle anderen (im Ausland) das ja auch so machen und man sonst nicht konkurrenzfähig sei, ist leider auch nicht von der Hand zu weisen, wie z.B. kürzlich bei der Einführung von Tierwohl Kriterien bei der Putenhaltung: Agrarminister Özdemir plant verbindliche Tierwohlkriterien für die Putenhaltung. Die Geflügelwirtschaft sieht das kritisch.

SCT liefert hier einen objektiven Blick auf das Verhalten von Unternehmen und Staaten und macht diese besser vergleichbar. SCT stellt dabei diejenigen heraus die sich vorbildlich verhalten.

SCT-Instanz

Hersteller können sich eine SCT-Instanz freischalten lassen und damit die Zusammensetzung und die Herkunft Ihrer Produkte pflegen. Dabei ist durch Verschlüsselungs - und Sicherheitstechniken gewährleistet, dass nur die Informationen nach außen gelangen, die der Besitzer der SCT-Instanz zulässt.

Intern kann eine SCT-Instanz mit Stücklisten und Rezepturen arbeiten und ermöglicht es, über das Mengengerüst der Bestandteile auf die Zusammensetzung eines Produkts zu schließen. Wichtig! SCT funktioniert auch ohne, dass die Zusammensetzung eines Produkts vollständig in SCT erfasst wird. Es reicht genau die ProduktInformationen bereitzustellen, die für ein bestimmtes Plugin benötigt werden.

Die Zusammensetzung eines Produkts lässt sich gut als hierarchischer Graph abbilden, wobei die Knoten die Produktbestandteile und deren Mengeneinheit sind (g, m, l, Stk...). Die Kanten des Graphs repräsentieren die Menge mit Mengeneinheit, mit der ein Bestandteil in ein Produkt oder Zwischenprodukt einfließt.

Die Eigenschaften eines Produktbestandteiles, das zugekauft wird, lassen sich in der SCT-Instanz des Zulieferers abrufen, wobei die veröffentlichten Informationen in der eigenen SCT-Instanz in einem Proxy Cache zwischengespeichert und wie eigene Produktbestandteile für das Mengengerüst verwendet werden können. Da Produkteigenschaften i.d.R. langlebig sind, ist eine Echtzeitabfrage des gesamten Lieferkettenbaums über mehrere SCT-Instanzen hinweg nicht notwendig.

Die Verbindung von einem Zulieferprodukt zu seinem Proxy auf einer anderen SCT-Instanz ist bidirektional. D.h. wenn sich die Eigenschaften eines Zulieferprodukts ändern, werden alle Proxies in anderen SCT-Instanzen darüber informiert, dass es eine neue Version mit anderen Eigenschaften gibt, die zukünftig verwendet werden kann oder dass sich die Eigenschaften eines bestehenden Produkts verändert haben (z.B. dass neue Eigenschaften veröffentlicht wurden, oder durch neue Regularien Scores verändert wurden). Auf der Kundenseite können zusätzliche Eigenschaften über Plugins (s.u.) von den Zulieferern abgefragt werden.

SCT kann mit Versionierung und Alternativpositionen umgehen.

SCT könnte theoretisch den gesamten Produktbaum mit Mengengerüst im Endprodukt einsehbar machen, aber Stücklisten und Rezepturen fallen definitiv unter das Firmengeheimnis. SCT beantwortet vielmehr ganz bestimmte Fragen, die an ein Produkt gestellt werden können:

  • Wie hoch ist der Eiweißanteil eines Produkts (Stichwort Nutriscore)?
  • Kann im Produkt ein bestimmtes Allergen vorkommen. (...kann Spuren von Nüssen enthalten…),
  • enthält weniger als xxx ppm Pestizide.

Die Fragen, die an ein Produkt gestellt werden können, werden über SCT-Plugins (s.u.) realisiert und deren Fragen und Antworten können veröffentlicht und über die gesamte Lieferkette weitergereicht werden. So werden keine Interna preisgegeben, sondern nur bestimmte ausgewählte Produkteigenschaften.

Durch Open-Source und Signierung der Anwendung SCT selbst ist das jederzeit nachprüfbar und gewährleistet, dass keine Hintertüren eingebaut werden, die Industriespionage ermöglichen. Ziel ist es hier, die Kosten und die Einstiegsschwelle für Hersteller möglichst niedrig zu halten und Bedenken hinsichtlich der Wahrung von Firmengeheimnissen zu zerstreuen.

Nachfolgendes Diagramm zeigt beispielhaft einen Ausschnitt aus einem Lieferkettenbaum, der mit Verbindungen zwischen SCT-Instanzen abgebildet wird:

SCT-Instance

Abb. 2 SCT-Topologie mit SCT-Instanzen einer Lieferkette

Wie in Abbildung 2 gezeigt, stellt SCT-Instanz eine technische Infrastruktur bereit, in der das Mengengerüst eines Produkts ermittelt werden kann. Informationen über Ressourcenverbrauch, Arbeitsbedingungen und Geldflüsse können ebenfalls erfasst werden. Diese Informationen können zusätzlich aus den Zulieferprodukten durch Datenverbindungen zu SCT-Instanzen der Zulieferer gewonnen und mit den eigenen Daten kumuliert werden. Vom Hersteller zugelassene Plugins können auf diese Daten zugreifen und automatische Auswertungen daraus erstellen.

SCT-Instanzen laufen i.d.R in vertrauenswürdigen Cloud-Plattformen, bei denen man als eingetragenes Unternehmen SCT-Instanzen beantragen kann. Wenn über Signierung und Zertifikate sichergestellt wird, dass die Software der SCT-Instanzen nicht manipuliert wurde, können Unternehmen ggf. auch ihre SCT-Instanzen selbst betreiben. SCT-Instanzen können verschiedene Ausprägungen haben und für bestimmte Einsatzzwecke optimiert sein. So wird ein Automobilhersteller gänzlich andere Anforderungen an die Funktionalitäten einer SCT-Instanz haben als ein Lebensmittelhersteller.

Die zugrundeliegende Sourcecode aller SCT-Instanz Ausprägungen wird als Open Source in entsprechenden Repositories veröffentlicht, um einerseits den Herstellern die Sicherheit zu geben, dass ihre Firmengeheimnisse nur verschlüsselt und sicher gespeichert werden und andererseits die Ergebnisse, die das System liefert, nicht manipuliert sind. Ausführbare Instanzen können über SCT-Software-Repositories abgerufen oder direkt in einer Cloud-Plattform beantragt und bereitgestellt werden.

SCT-Plugins können aus verschiedenen Quellen stammen und werden in Plugin Repositories vertrauenswürdiger Organisationen bereitgestellt. Auch hier werden der Sourcecode und die zugrunde liegenden Regularien und Algorithmen veröffentlicht. So kann ein Land, eine Organisation wie die EU oder auch ein Handelsabkommen eigene Plugin-Repositories haben.

SCT-Plugins

SCT verfügt über ein offenes Plugin Konzept, welches es ermöglicht, bestimmte Fragen an ein Produkt zu stellen und die Fragen und Antworten über die gesamte Lieferkette weiterzureichen. SCT-Plugins selbst sind natürlich auch Open-Source, sind signiert und können von anderen SCT-Instanzen der Lieferkette heruntergeladen werden.

Plugins werden von vertrauenswürdigen Organisationen spezifiziert und entwickelt, unabhängig überprüft, signiert und dann in einem öffentlichen Repository bereitgestellt. Sie haben eine eindeutige ID, über die sie von allen SCT-Instanzen in der Lieferkette abgerufen werden können. Dabei ist es nicht nötig, dass sich alle Betreiber von SCT-Instanzen in der Lieferkette selbst um die neuesten Plugins kümmern müssen. Es reicht, wenn ein Betreiber in einer Lieferkette ein neues Plugin verwendet (z.B. weil die Regularien seines Landes ihm das vorschreiben). Das Plugin fordert dann bei allen beteiligten SCT-Instanzen der Zulieferer automatisch auch dasselbe Plugin an, wo es dann vom Betreiber der SCT-Instanz zugelassen werden muss. Das Plugin kumuliert dann die Ergebnisse von allen Zulieferern, die das Plugin ebenfalls zulassen und veröffentlicht die Ergebnisse für seine Kunden, die dann ihrerseits das Plugin zulassen können und die Ergebnisse weiter nach oben reichen.

Nachfolgende Grafik veranschaulicht, wie sich ein SCT-Plugin über die Lieferkette hinweg verbreitet:

SCT-Plugin ausrollen

Abb. 3 SCT-Plugin ausrollen

Ein Plugin kann also irgendwo im Lieferkettenbaum eingeführt werden und verbreitet sich dann selbstständig über die Teile des Lieferkettenbaums, die die SCT-Instanz Betreiber zulassen - nach unten und nach oben.

Ähnlich wie Smartphone Apps sorgt ein Berechtigungsmechanismus dafür den Zugriff auf interne Daten zu begrenzen. Das Plugin fragt bestimmte Berechtigungen, die zur Funktion des Plugins nötig sind, beim Betreiber der SCT-Instanz an, die dieser dann bestätigen muss. Kleinere Unternehmen, die ggf. kein Personal dafür abstellen können, können Plugins auch pauschal freigeben, wenn diese aus einem vertrauenswürdigen Repository kommen. Einfache Plugins, die z.B. die Menge einer bestimmten Substanz ermitteln, oder die aus einem einfachen Formular bestehen, könnten auch mit einem Konfigurator erstellt werden und sind dadurch auch ohne Überprüfung als sicher einzustufen.

Plugin-Repositories wissen, welche ihrer Plugins in welchen SCT-Instanzen eingesetzt werden und informieren diese automatisch über updates. Je nach Einstellung in den SCT-Instanzen können diese dann automatisch aktualisiert werden, wenn sich das Berechtigungsset nicht ändert, oder müssen erneut zugelassen werden.

Zur Einhaltung bestimmter Regierungsregularien wird es Plugins geben, deren Verwendung zwingend über die gesamte Lieferkette hinweg vorgeschrieben ist, wenn das Produkt in diesen Ländern verkauft werden soll. Die Verwendung von Plugins ist aber für die Hersteller i.d.R. freiwillig.

Die Grundidee von SCT-Plugins ist, dass sie nicht bestrafend wirken oder zwingend verwendet werden müssen, sondern bestimmte Fragen an Produkt und Lieferkette stellen und das sie Punkte für die Scores liefern können. So können Hersteller frei entscheiden, die Plugin-Ergebnisse eines Zweigs ihrer Lieferkette nicht zu veröffentlichen oder bestimmte Plugins nicht zuzulassen, müssen aber dafür in Kauf nehmen, deswegen weniger Punkte für Ihre Scores zu bekommen. Trotzdem sind natürlich auch Plugins damit möglich, die restriktiv sind und zum Ausschluss eines Produkts vom Markt führen können, wie z.B. Kinderarbeit innerhalb der Lieferkette.

So kann es Plugins geben, die die Menge einer bestimmten Substanz auf das Endprodukt hochrechnen. Diese Plugins verwenden das Mengengerüst der Zusammensetzung eines Produkts und tragen so zum Score “Produkteigenschaft” bei. Ähnlich ist es bei BIO-Label-Plugins, die auch vornehmlich zum Score “Produkteigenschaft” beitragen. Während ein Tierwohl-Label-Plugin in den Score “Soziale Verantwortung” Punkte einzahlt.

SCT-Plugin Arbeitsweise

Abb. 4 SCT-Plugin Arbeitsweise

Vollautomatische Plugins

Ein vollautomatisches Plugin fragt z.B. eine Liste von deklarationspflichtigen Inhaltsstoffen für ein bestimmtes Produkt bei der zugehörigen SCT-Instanz ab. Aktuell müssen schon bestimmte Inhaltsstoffe veröffentlicht werden, für andere müssen bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Mindestens für diese Stoffe sollte sich der Hersteller die im Produkt enthaltenen Mengen als Key/Value Paare in der DB seiner SCT-Instanz speichern und/oder von seinen Zulieferern abfragen. Auch Allergene, die nur potenziell vorkommen können (kann Spuren von Nüssen enthalten...) können in der Datenbank mit einer symbolisch kleinen Menge hinterlegt werden. Wenn das Produkt aus mehreren zugelieferten Bestandteilen besteht, wird das Plugin automatisch bei den SCT-Instanzen der Zulieferer angefragt und die Liste der Inhaltsstoffe wird kumuliert und nach oben weiter gereicht.

Es gibt z.B. eine Regel, das ein Produkt eine bestimmte Menge von Blei nicht überschreiten darf. Ein vollautomatisches Plugin, das diese Regel überprüft, rechnet automatisch die Bleimenge aus den eigenen Zutaten und den Mengen, die dasselbe Plugin bei den Zulieferern abfragt, hoch und gibt die Gesamtmenge nach oben weiter. Der Hersteller erkennt bei einem Problem auch sofort, durch welches Zulieferprodukt dieses Problem entsteht und kann es ggf. durch ein anderes ersetzen. Dieses Plugin fragt dann bei der Installation ab, ob es auf die Menge von Blei im Produkt zugreifen darf. Die SCT-Instanz erlaubt dann diesem Plugin auch nur den Zugriff auf diesen einen Wert. Ein solches Plugin kann aber auch einfach nur die Grenze prüfen, ohne die absolute Menge von Blei zu veröffentlichen.

Halbautomatische Plugins

Eine Hackfleischlasagne wird zwar vielleicht mit Tierwohl Hackfleisch und prominentem Tierwohl Label beworben, aber wie der Käse, die Sahne oder die Eier für die Nudeln produziert wurden erfährt man oft nicht. Ein halbautomatisches Tierwohl Plugin könnte z.B. fragen: "Wie viel Prozent der tierischen Produktbestandteile kommen aus artgerechter Tierhaltung?" Je nach Tierart gibt es dafür ein Regelwerk, was die Zulieferer manuell jeweils für einen Produktbestandteil mit Ja oder Nein beantworten können. Über das Mengengerüst der Produktbestandteile rechnet das Plugin dann automatisch die Gesamtmenge der tierischen und davon dann den Anteil der nach Tierwohl Kriterien produzierten Produktbestandteile zusammen.

Manuelle Plugins

Manuelle Plugins sind i.d.R. Webformulare mit Fragen zum Produkt, die über die gesamte Lieferkette hinweg abgefragt werden können. So kann sich ein Hersteller von seinen Zulieferern über ein Plugin bestätigen lassen, das innerhalb Ihrer Zulieferzweige keine Kinder- oder Sklavenarbeit stattfindet, oder dass Mindeststandards beim Arbeitsschutz eingehalten werden. Er kann damit zwar die Verantwortung an die Zulieferer delegieren, aber steht auch weiterhin in der Pflicht den Wahrheitsgehalt einer Aussage zu überprüfen. Alleine die Dokumentation der Aussagen von Zulieferern mit SCT-Plugins gib Prüfern und Journalisten Ansatzpunkte um Falschaussagen und Missstände aufzudecken und erhöht die Hemmschwelle Unwahrheiten zu verbreiten.

Score Plugins

Score Plugins tragen zur Berechnung einer der drei Bewertungsscores Produkteigenschaften, Ressourcenverbrauch oder soziale Verantwortung im Multiscore-Label bei. Dabei können für einen Bewertungsscore mehrere Plugins verschiedene Aspekte des Bereichs beleuchten. Beim Bewertungsscore Ressourcenverbrauch könnten das z.B. folgende Aspekte sein:

  • Energieverbrauch/CO2-Ausstoß bei der Herstellung,
  • Energieverbrauch/CO2-Ausstoß beim Transport,
  • Energieverbrauch/CO2-Ausstoß des Produkts über die angenommene Lebensdauer,
  • Recyclinganteil im Produkt und in der Verpackung,
  • Recyclebarkeit von Produkt und Verpackung,
  • Rücknahme, bzw. Pfandsystem,
  • Rohstoffverbrauch,
  • Flächenverbrauch,
  • Umweltschäden,

Für jeden Aspekt gibt es einen Referenzwert, der 100 % bzw. der vollen Punktzahl entspricht. Welche Aspekte mit welcher Gewichtung in den Score einließen und die Referenzwerte dafür werden von Regierungsgremien unter Einbeziehung von Lobbygruppen, NGOs und Umweltschutzverbänden festgelegt. Genauso wird festgelegt mit welcher Gewichtung die einzelnen Aspekte in das Gesamtergebnis des Bewertungsscores einfließen. Durch regelmäßige Arbeit dieser Gremien können zusätzliche Aspekte hinzukommen oder bestehende wegfallen und Referenzwerte können angepasst werden. Im einfachsten Fall wird dazu die Konfiguration eines Score-Plugins angepasst und innerhalb von Stunden neu im Markt ausgerollt. Komplizierte Plugins müssen ggf. erst angepasst oder neu entwickelt werden und werden dann nach Fertigstellung ausgerollt. Ein aufgedrucktes Multiscore-Produktlabel ist dann ggf. bis zur nächsten Charge nicht mehr aktuell, aber auf der SCT-Produktseite können die aktuellsten Werte immer abgerufen werden. Auch könnten digitale Preisschilder am Verkaufsregal den aktuellsten Multiscore anzeigen oder darauf hinweisen, dass es einen aktuelleren online gibt.

Schnittstellen Plugins

SCT will nicht bestehende Warenwirtschaftssystem ablösen, sondern um neue Aspekte ergänzen. Große Hersteller können z.B. über ihr SAP-Bestandssystem auf viele Informationen zugreifen, die SCT auch bereitstellen will. Um auch Daten aus Bestandssystemen einzubinden wird SCT offene Schnittstellen anbieten über die dann z.B. deklarationspflichtige Inhaltsstoffe eines Produkts von einem Bestandssystem aus eingespielt werden können. Für die großen Systeme auf dem Markt kann SCT auch deren Schnittstellen ansprechen und die entsprechenden Daten abrufen. Dazu werden dann Schnittstellen Plugins umgesetzt, die Daten aus einem Warenwirtschaftssystem abrufen und in die Materialstammdaten in einer SCT-Instanz einspielen können. Entsprechend fragt das Plugin bei der Installation die Berechtigung ab, um z.B. bestimmte Inhaltsstoffe in die SCT-Datenbank einspielen zu dürfen. Weiterhin müssen natürlich URLs und Zugangsdaten zu den Schnittstellen des Bestandssystems im Plugin konfiguriert werden.

Automatische und Schnittstellen-Plugins können ggf. auch interagieren, wenn z.B. ein automatisches Plugin einen neuen Inhaltsstoff abfragt, dessen Menge noch nicht aus dem Warenwirtschaftssystem in die SCT-Instanz importiert wurde, könnte dieser mithilfe des Schnittstellenplugins abgerufen werden.

SCT-Produktwebseite

Über den aufgedruckten QR-Code im Multiscore Produktlabel ist die SCT-Produktwebseite zu erreichen. Diese wird auf der SCT-Instanz des Herstellers betrieben und zeigt die veröffentlichten Produkteigenschaften und Zulieferbeziehungen an. Von dort aus kann man sich auch - soweit veröffentlicht - den Lieferketten-Baum herunter oder herauf (Kundenreferenzen) bewegen und die Eigenschaften und Scores der Zulieferprodukte ansehen, die in diesem Produkt enthalten sind.

Neben den Inhaltsstoffen, die gesetzlich ohnehin z.B. auf einer Lebensmittelverpackung stehen, sollten hier auch Sinn und Zweck von Zusatzstoffen und eventuelle Probleme damit erläutert werden. Der Kunde kann hier auch erfahren welche Plugins für die Berechnung der Scores herangezogen wurden und auch mehr über die Funktion der jeweiligen Plugins erfahren. Wenn ein Hersteller explizit ein Plugin nicht zulässt, könnte dies auch veröffentlicht werden. Dem Hersteller kann hier Raum gegeben werden zu begründen, warum er ein Plugin nicht zulässt.

Der Nutzer hat hier die Möglichkeit alle zum Produkt veröffentlichten Details einzusehen. Ggf. können von hier aus auch zusätzliche, nicht öffentliche, Informationen von unabhängigen Prüfern und Testorganisationen (TÜV, Stiftung Warentest, FDA...) abgerufen werden, denen der Hersteller hier besondere Rechte einräumen kann.

Die SCT-Produktseite ist kein Raum für große Marketingfeuerwerke der Hersteller, sondern beschränkt sich im Wesentlichen auf die aus der Lieferkette zusammengetragenen Informationen. Hersteller können sich und ihre Produkte aber kurz vorstellen und auf detailliertere Informationen auf ihrer Herstellerwebseite verweisen.

SCT-Produktwebseiten sind auf die Anforderungen der jeweiligen Produkte oder Dienstleistungen zugeschnitten, die sie repräsentieren, aber sie folgen alle demselben Navigations- und Bedienkonzept.

Zentrale Stoffdatenbank

Das SCT-System stellt eine zentrale Stoffdatenbank bereit, aus der alle Stoffe abgerufen werden können, die in Produkten vorkommen können und potenziell gelistet werden müssen. Auf Produktverpackungen, wie z.B. von kosmetischen Produkten, werden z.Z. deklarationspflichtige chemische Zusatzstoffe aufgedruckt. In Zukunft können diese dann zusätzlich auf der SCT-Produktwebseite aufgelistet werden - angereichert mit Hintergrundinformationen aus einer zentralen Stoffdatenbank. Da kann dann erläutert werden, wozu ein Zusatzstoff typischerweise verwendet wird und auf potenzielle Gesundheitsrisiken aufmerksam gemacht werden. Hersteller könnten auf der SCT-Produktwebseite begründen, warum der Zusatzstoff bei ihrem Produkt notwendig ist.

Hersteller können die jetzt oder potenziell in Zukunft deklarationspflichtigen Zusatzstoffe mit in das in ihrer SCT-Instanz gespeicherten Inhaltsstoffe-Mengengerüst der Produkte mit aufnehmen und sind damit auf neue regulatorische SCT-Plugins vorbereitet. Wenn sie die Grenzwerte einhalten, erfüllen sie dann unmittelbar die neuen Regularien, sobald die das Plugin zulassen und das ohne Zusatzaufwand.

Verantwortungsübertragung

Verantwortungsbewusste Hersteller müssen sich oft für ihre höheren Kosten und Preise rechtfertigen. SCT gibt ihnen ein Werkzeug in die Hand mit dem sie ihr besseres Verhalten nachvollziehbar machen können.

Der große Vorteil für die Hersteller ist, dass sie die Verantwortung für eine Produktaussage teilweise an ihre Zulieferer übertragen können. Anfangs können das Selbstauskünfte sein, die über ein Webformular eingesammelt werden können. Zwar ist eine Selbstauskunft oft auch mit Vorsicht zu genießen aber die Aussage ist damit erstmal dokumentiert und wird natürlich auch historisiert. Diese kann dann auch nicht ohne weiteres wieder gelöscht werden, falls eine Falschaussage auffliegt. Eine Produktaussage kann mehr Gewicht und damit auch mehr Score-Punkte bekommen, wenn diese von einer unabhängigen Stelle überprüft wird. So kann es unabhängige Dienstleister geben, die getroffene Aussagen überprüfen und bestätigen. Beispiele hierfür sind der TÜV, FDA oder der Biolandanbauverband.

Je mehr der internen technischen Funktionalitäten (Mengengerüst, Ressourcenverbrauch, Arbeitsbedingungen, Geldflüsse, SCT-Plugins…) in SCT bereitgestellt und genutzt werden, desto mehr sichert SCT die getroffenen Aussagen weitgehend automatisch ab. Aber auch ohne Vollautomatik funktioniert SCT. Bei wissentlichen Falschaussagen macht sich ein Unternehmen angreifbar und muss befürchten, dass diese durch Journalisten oder Behörden aufgedeckt werden. So können aufgedeckte Unwahrheiten die Reputation eines Unternehmens schwächen und diese sich auch automatisch negativ auf die Gewichtung zukünftiger Selbstauskünfte auswirken. Auch könnte der Grund für eine Herabstufung der Reputation eines Herstellers in SCT dokumentiert werden. Hersteller können ggf. Stellung beziehen und Maßnahmen einführen, die solche Fehler in Zukunft vermeiden. Dadurch kann auch die Reputation wieder ansteigen.

Kleinere Hersteller, die keine ausreichende IT haben, können die Selbstdeklaration ihrer Produkte in ein für sie (z.B. von einem Kunden in seiner SCT-Instanz) bereitgestellten Webformular eintragen und so Fragen, die von einem Plugin an die Lieferkette gestellt werden, beantworten, ohne eine eigene SCT-Instanz betreiben zu müssen. Auch ist es natürlich für einen SCT-Instanz-Betreiber möglich, Eigenschaften von Zulieferprodukten selbst einzutragen, wenn seine Zulieferer nicht am SCT-System mitmachen wollen oder können. Grundsätzlich ist es so, dass derjenige, der die Eintragung macht, auch für den Wahrheitsgehalt verantwortlich ist und sich dahingehend bei seinen Zulieferern absichern muss.

Unabhängige Prüfung

Vertrauen ist gut aber… Unternehmen sind immer bestrebt sich und ihre Produkte und Dienstleistungen in einem möglichst guten Licht darzustellen. Gerade wenn die Lieferkettenzweige in Länder reichen, wo die Regeln eher schwach sind, gibt es kaum eine Möglichkeit Lieferkettentransparenz vollständig manipulationssicher zu gestalten. Wenn ein Unternehmen aber auch aus diesen "dunklen" Zweigen Punkte für ihre Scores bekommen wollen, dann müssen sie diese Zulieferzweige auch dokumentieren. Das heißt aber nicht zwangsläufig das diese Zulieferbeziehungen auch für jedermann veröffentlicht werden müssen. Es gibt viele gute Gründe für Unternehmen das nicht zu tun. Damit die Punkte aus diesen Zulieferzweigen in die Scores einfließen können, müssen die Hersteller die Zulieferbeziehungen aber für unabhängige und vertrauenswürdige (auch im Sinne von Firmengeheimnissen) Prüfer offen legen.

Für die Hersteller gibt es die Möglichkeit einen ggf. kostenpflichtigen Prüfauftrag zu erteilen, um so die erzielten Punkte in vollem Umfang angerechnet zu bekommen. Alternativ kann der Hersteller einer stichprobenartigen Prüfung zustimmen und muss den Prüfern dann im Fall einer Prüfung Zugriff auf Daten und ggf. Zutritt zum Firmengelände gewähren. Ohne erfolgte Stichprobenprüfung werden die Score-Punkte aber ggf. nur gewichtet in das Gesamtergebnis einfließen. Wird eine Prüfung gänzlich verweigert, gibt es auch keine Score-Punkte oder ein Produktlabel wird nicht anerkannt.

Auch die Arbeit von unabhängigen Prüforganisationen wird dokumentiert und historisiert. Bei Bekanntwerden von unrichtigen Prüfzertifikaten kann auch die Reputation von Prüforganisationen selbst herabgestuft werden und damit das Gewicht ihrer Prüfaussage sinken.

Pilotphase und Einführung von SCT

SCT sollte International auf EU-Ebene ausgerollt und erstmal interessierten Herstellern zur Verfügung gestellt werden, die Bedarf haben ihr besseres Verhalten nachvollziehbar zu dokumentieren. Nach der Pilotphase und den daraus gewonnenen Erkenntnissen wird SCT aktiv beworben und z.B. mit Daten des Handelsregisters oder der Steuerbehörden an eingetragene Firmen verteilt. Dabei wird durch geeignete Maßnahmen (z.B. postalische Aktivierungsbriefe) sichergestellt, dass nur echte Firmen eine SCT-Instanz freigeschaltet bekommen. Für ausländische Zulieferfirmen, die sich nicht im Verantwortungsbereichs z.B. der EU befinden besteht die Möglichkeit eine SCT-Instanz zu beantragen. Mithilfe der dortigen Handelsregister und Behörden wird die Identität dieser Hersteller überprüft und bestätigt. Für Zulieferer, für dies nicht möglich ist oder die sich weigern, müssen die Hersteller Produktaussagen von Ihren Zulieferern abfragen oder über WEB-Formulare von diesen eintragen lassen. SCT stellt hier Funktionalitäten bereit Selbstauskünfte über Formulare einzugeben oder die Eingabe an Zulieferer zu delegieren.

Spätestens wenn verpflichtende Regularien, wie z.B. das Lieferkettengesetz, über SCT-Plugins abgebildet werden, ist die Teilnahme für Firmen, die von diesen Regularien betroffen sind, obligatorisch.

Implementieren von Lieferketten mit SCT

Ein Hersteller, der SCT für sich und seine Zulieferer einführen möchte, muss zuerst eine eigene SCT-Instanz bei einer zentralen Registrierungsstelle beantragen und einrichten. Diese Registrierungsstelle sichert die SCT-Instanz und die Kommunikation mit dieser über entsprechende Zertifikate ab. Der Hersteller muss dann die Daten des Produkts einpflegen, welches er mit SCT abbilden möchte. Weiterhin muss er seine Zulieferer, kontaktieren und diese bitten, sich ihrerseits eine SCT-Instanz einzurichten, sofern diese noch keine haben. Wenn Zwischenhändler beteiligt sind, können sich diese eine eigene SCT-Instanz einrichten und die Daten durchreichen, oder die direkte Verbindung zum Hersteller der Zulieferprodukte vermitteln. Abgesehen von der Einführungsphase wird die Abbildung von Lieferketten mit SCT parallel zur Produktentwicklung und Produktionsplanung erfolgen und hat keine besonderen Echtzeitanforderungen. Auch können Zulieferer darüber ausgewählt werden, was sie ggf. schon in ihrer SCT-Instanz veröffentlicht haben oder ob sie überhaupt bereit sind, an SCT teilzunehmen. Es sollte von vornherein kommuniziert werden, dass auch verpflichtende Plugins geplant sind, mit denen in Zukunft gesetzliche Regularien umgesetzt werden.

Für die Datenhaltung sollte eine eingebettete Graph- oder Multimodel-Datenbank wie ArkadeDB oder OrientDB verwendet werden, mit der die Hersteller interne, hierarchische Produktzusammensetzung dokumentiert werden kann. Knoten des Graphs sind dabei die Produktbestandteile und die Kanten speichern in welchen Größeneinheiten ein Produktbestandteil in das darüber liegende (Zwischen)Produkt einfließt und bei Zulieferprodukten ggf. noch welche Kosten und welcher Ressourcenverbrauch beim Transport entsteht. Datensätze mit den Ergebnissen von SCT-Plugins können als eigenständige Dokumente an einen Produktbestandteil-Knoten angeheftet werden. Die interne Struktur eines Plugin-Datensatzes ist in der Verantwortung der Plugin-Entwickler. Über die Hierarchie der Produktbestandteile hinweg werden diese Datensätze nach oben weiter gereicht und mit den Plugin Datensätzen von anderen Produktbestandteilen zusammengeführt. Bei zugekauften Produktbestandteilen werden die Daten und die Plugin-Datensätze dazu aus den SCT-Instanzen der jeweiligen Zulieferer abgerufen. Bei der Initialisierung einer Zulieferbeziehung für einen Produktbestandteil vergibt die anfordernde SCT-Instanz eine ID, über die diese Zulieferbeziehung langfristig identifiziert werden kann. Die Zulieferer-SCT-Instanz antwortet mit allen öffentlichen und für diesen Kunden freigegebenen Produktdaten und mit den Datensätzen der freigeschalteten Plugins. Diese Daten werden am Graph-Datenbank-Knoten des Zulieferbestandteils gecacht. Der Kunde kann Plugin-Datensätze von Plugins, die er selbst schon zugelassen hat im Produktbaum nach oben reichen und wiederum seinen Kunden zur Verfügung stellen. Plugins, die in der eigenen Plattform noch nicht zugelassen sind, für die aber Datensätze vom Zulieferer kommen, können nachträglich freigegeben und diese Plugin-Datensätze dann verwenden werden.

Wenn ein Hersteller ein neues Plugin einführt oder wegen Regularien einführen muss, kann dieser die Plugin-Ergebnisse explizit für dieses Plugin bei den SCT-Instanzen seiner Zulieferer anfordern. Sofern diese das Plugin schon zugelassen haben, kann die Antwort unmittelbar erfolgen. Lehnt ein Zulieferer dieses Plugin von vornherein gänzlich ab, wird er die Anfrage ablehnen und dieser Lieferkettenzweig ist dann für dieses Plugin unterbrochen. Wenn der Zulieferer dieses Plugin erst zulassen und ggf. auch die Plugin-Ergebnisse bei seinen Zulieferern anfordern muss, antwortet er mit PENDING. Sofern der Zulieferer das Plugin dann zulässt und die Plugin-Ergebnisse in seiner und in den SCT-Instanzen seiner Zulieferer eingesammelt hat, transferiert der Zulieferer das angeforderte Plugin-Ergebnis an die SCT-Instanz des anfordernden Kunden, oder aber er lehnt das Plugin nachträglich ab, was auch an die SCT-Instanz des anfordernden Kunden übermittelt wird. Eine offene Anfrage im Zustand PENDING startet auf beiden beteiligten SCT-Instanzen einen Vorgang, der manuell oder automatisch z.B. durch ein Timeout gelöst werden muss.

SCT-Instanzen von Kunden und Zulieferern sind bidirektional über 2 physikalische REST-Schnittstellen miteinander verbunden - je eine nach oben und eine nach unten. Innerhalb dieser bidirektionalen Verbindung kann es mehrere logische Zulieferbeziehungen jeweils für ein Zulieferprodukt geben, die über eine ID identifiziert werden.

Sicherheitsaspekte

Die zentrale Registrierungsstelle verifiziert die Hersteller mithilfe von Daten aus dem Handelsregister und ggf. anderer Behörden. Sobald dies erfolgt ist, werden die SCT-Instanzen mit nachprüfbaren Zertifikaten versorgt und öffentliche Schlüssel hinterlegt mit denen Daten für den Transport zusätzlich verschlüsselt werden können.

Die Datenbank einer SCT-Instanz ist in diese eingebettet und wird nur verschlüsselt auf einem Datenträger abgelegt. Datenbankbackups verlassen nur verschlüsselt die SCT-Instanz und können auch nur mit den Credentials der Instanz-Betreiber wieder eingespielt werden.

Ein übertragener Datensatz ist immer verschlüsselt und der Herausgeber des Datensatzes kann festlegen, wer diesen Datensatz in der Lieferkette auspacken darf. So kann den an der Lieferkette beteiligten Zwischenhändlern der Zugriff auf einen Datensatz verweht werden, aber ein Kunde, der das Zulieferprodukt weiterverarbeitet kann darauf zugreifen.

Transparenz ist zwar das große Thema dieses Konzepts, aber auch wenn ein Lieferkettenzweig über SCT abgebildet wird, und aus diesem Zweig Daten für Plugins und Produktinformationen abgerufen werden, muss dieser Zweig deswegen nicht veröffentlicht werden. Es kann dafür Punktabzug bei Score-Punkten geben, aber wenn das geheim verwendete Zwischenprodukt selbst öffentlich und transparent ist, muss es keine Abzüge geben. Wenn es ein Firmengeheimnis ist, welche Zutaten ich verwende, dann kann ich diese wahren.

Der Sourcecode der SCT-Instanzen und der SCT-Plugins wird veröffentlicht und mit Prüfsummen versehen, über die verifiziert werden kann mit welcher Softwareversion eine SCT-Instanz und die Plugins betrieben wird. Die Software der SCT-Instanzen und der SCT-Plugins können nur aus vertrauenswürdigen Repositories abgerufen werden. Bevor neue SCT-Instanzen oder Plugins über diese Repositories veröffentlicht werden, müssen diese von einer unabhängigen Stelle auf Sicherheitslücken überprüft werden. Eine SCT-Instanz selbst stellt aber schon von vornherein sicher, dass ein Plugin nur Zugriff auf interne Daten bekommt, die bei der Zulassung des Plugins angefordert wurden. So kann ein Pestizid-Plugin nach der Menge von Pestizidrückständen für eine bestimmte Liste bekannter und grenzwertrelevanter Pestizide fragen. Die SCT-Instanz garantiert dann dafür, dass nur auf das Mengengerüst dieser Pestizide zugegriffen werden kann und keine anderen Inhaltsstoffe abgefragt werden können.

Technologische Anforderungen

Die meisten technologischen Anforderungen können mit Bordmitteln der verbreiteten Frameworks wie Sping, Javaee oder Quarkus umgesetzt werden. Da es sich hierbei nicht um einzelne Accounts der Hersteller auf einer zentralen Plattform handelt, sondern um eigenständig laufende Instanzen mir eingebetteter und abgesicherter Datenhaltung, hat der Footprint der verwendeten Komponenten einen großen Einfluss auf die zu erwartenden Kosten für die Cloud-Infrastruktur. Ein schlankes Framework, wie Quarkus in Kombination mit GraalVm bietet bei minimalem Footprint hohen Komfort, hat eine weite Verbreitung beim Programmiermodell (JakartaEE und hat eine hohe Performance. Gleichzeitig verfügt es über viele hilfreiche Komponenten, die bei Bedarf hinzugefügt werden können.

Folgende technologischen Anforderungen werden für die Umsetzung benötigt:

  • Middleware-Framework mit offenem Programmierstandard wie Jakarta EE, Quarkus.
  • Die Möglichkeit Kompilate mit minimalem Footprint zu erstellen wie z.B. mit GraalVM.
  • Rest-Client und Server Funktionalität.
  • Sicherheitstechnologie für Authentifizierung, Autorisierung und Verschlüsselung von Transport und Daten.
  • Eingebettete Multimodel Datenbank wie z.B. ArcadeDb oder OrientDB.
  • BPMN-Engine zur Abarbeitung von Freigabevorgängen.
  • Die Möglichkeit nachladbaren Code von SCT-Plugins in einer abgesicherten Umgebung ausführen zu können.
  • Webframework für SCT-Produktwebseiten.

Ausfallsicherheit und Performance

Obwohl Speicherplatz und Rechenleistung keine großen einschränkende Faktoren mehr sind, klingt es erstmal sehr ambitioniert, Lieferketten von so ziemlich allen Produkten und Zulieferprodukten z.B. EU-weit in einem System abrufbar zu machen. Aber wie schon weiter oben angeklungen, handelt es sich bei diesem Konzept nicht um EIN System, sondern um einen Verbund von beliebig vielen verteilten und dezentralen Systemen bzw. SCT-Instanzen. Dabei sollte eine einzelne SCT-Instanz nicht zu viele Daten enthalten, sondern sinnvoll auf die Anforderung zugeschnitten werden. Es ist nicht sinnvoll, die Produkte eines großen Konzerns in eine einzelne SCT-Instanz zu pressen. Ob man eine SCT-Instanz für eine Sparte, eine Produktfamilie oder auch nur für ein einzelnes komplexes Produkt macht, ist den Herstellern überlassen und letztendlich eine Kostenfrage was Cloud-Mieten und Wartungskosten angeht.

Auch die Anforderungen an eine Ausfallsicherheit sind eher bescheiden. Wenn mal eine SCT-Instanz ausfällt, bleibt ja immer noch das aufgedruckte Multiscore-Label. Nur die Detailseite kann dann für die Ausfallzeit nicht abgerufen werden. Wenn irgendwo im Lieferkettenbaum eine Instanz ausfällt, ist durch den Cache in den Produkt-Proxys immer der letzte Stand der Scores für diesen Zweig abrufbar. Lediglich der Lieferketten Baum kann für den Zeitraum des Ausfalls für diesen Zweig nicht weiter nach unten verfolgt werden, sofern nicht auch der Lieferkettenbaum gecacht ist.

Durch das konsequente cachen von Produkt- und Plugininformationen in Proxies stellt auch Performance kein Problem dar. Die SCT-Produktwebseiten von Massenprodukten müssen trotzdem mit vielen Anfragen zurechtkommen können und entsprechend skalieren, aber den Lieferkettenbaum nach unten nachverfolgen werden wahrscheinlich nur Wenige.

Für den Großteil der aufgezeigten Anwendungsfälle gibt es keine große Dynamik bei der Aktualisierung der Daten. Die Daten werden parallel zu Produktentwicklung erhoben und ändern sich danach nur noch selten. Neue Plugins werden ausgerollt und brauchen wegen der manuellen Freigabe durch die Betreiber Zeit um sich in den Lieferketten auszubreiten. Auf beiden Seiten einer Zulieferbeziehung werden Vorgänge für die Aktivierung von Plugins gestartet. Natürlich können Kunden auch andere Kommunikationswege nutzen, um die Freigabe eines Plugins bei Ihren Zulieferern einzufordern.

SCT wird mit Bordmitteln der Cloud-Infrastruktur dynamische Skalierung von SCT-Produktwebseiten unterstützen, ohne das dafür besondere manuelle Aktionen der Hersteller erforderlich sind.

Fazit

SCT dreht den Spieß einfach um. Politik, Umweltschutzorganisationen und NGOs laufen nicht mehr den Herstellern hinterher und nötigen sie bessere Produkte zu entwickeln und sich besser zu verhalten, sondern SCT stellt den Hersteller, die das schon tun ein mächtiges Werkzeug zur Verfügung, das auch zu dokumentieren.

Freiwilligkeit funktioniert aber nicht in allen Bereichen und da wo Plugins verpflichtend werden, muss man weiterhin miteinander reden und streiten. Das häufig verwendete Totschlagargument, dass die Kosten für die Einführung und Umsetzung von gesetzlichen Regularien insbesondere für kleine Hersteller nicht tragbar sind, wird aber weitgehend entkräftet, weil die Plugins mit denen gesetzliche Regularien umgesetzt werden unmittelbar nach Fertigstellung im gesamten Lieferkettenbaum zur Verfügung stehen. Die Diskussion fokussiert sich dann viel mehr auf den fachlichen Inhalt von Regularien und nicht mehr auf die Kosten und die Machbarkeit bei der Umsetzung.

Die EU, als eins der weltweit wichtigsten Wirtschafts- und Wertebündnisse, unterhält Wirtschaftsbeziehungen in alle Welt und hat Handelsabkommen mit anderen Nationen und Bündnissen. Deswegen sollte auch die EU die Mittel für die Entwicklung und den Betrieb z.B. im Rahmen des “EU Green Deals” bereitstellen und damit die Hoheit über das System behalten. Die EU bekommt damit ein mächtiges Werkzeug in die Hand, mit dem gesetzliche Regularien schnell umgesetzt und auf die Straße gebracht werden können. Damit könnte z.B. ein neuer Grenzwert für Blei in Produkten in nur wenigen Tagen ausgerollt werden. Hersteller könnten schnell feststellen aus welchen Lieferzweigen potenzielle Probleme mit dem Grenzwert kommen und ihre Produkte durch Auswahl anderer Zulieferprodukte anpassen.

Hersteller stellen ihre Produkte meist in ein möglichst gutes Licht. Mit SCT kann das in Zukunft auch dokumentiert und bis zu den Zulieferern nachvollzogen werden. Wer hier nicht transparent ist, muss um seine Marktanteile fürchten, wer nicht wahrheitsgemäße Angaben macht, läuft Gefahr seine Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Mit SCT und dem SCT-Multi-Score-Label habe ich als Verbraucher: in die Chance, mehr Kriterien und Aspekte in meine Kaufentscheidung mit einzubeziehen. Ich kann das nutzen, muss es aber nicht. Ich kann aus den Produkteigenschaften auf das beste Preis-Leistungsverhältnis schließen oder - wenn ich es mir leisten kann - auch auf Ressourcenverbrauch und soziale Verantwortung achten.

Wie tief und vollständig die Lieferkette erfasst wird, hängt im Wesentlichen von der Einstiegschwelle für kleinere Zulieferer und Zulieferer aus dem Ausland ab. Wenn SCT sich als kostengünstiger Standard innerhalb der EU etabliert und Möglichkeiten geschaffen werden, dass auch Firmen außerhalb der EU kostengünstig SCT-Instanzen betreiben können, könnte SCT sich auch schnell weltweit verbreiten. Eine proprietäre Lösung des Problems hingegen, die darauf abzielt möglichst viel Geld damit zu verdienen, ist dann vielleicht ein erfolgreiches Geschäftsmodell, aber das Ziel einer möglichst durchgängigen Lieferkettentransparenz wird damit wohl nicht erreicht werden. Eine geschlossene Produktentwicklung einer Firma verursacht Kosten bei Entwicklung und Vermarktung und müsste über Gebühren von Herstellern refinanziert werden, was die Verbreitung behindern wird.

Deswegen streben wir als Micromata auch eine öffentlich beauftrage Umsetzung und Finanzierung von SCT an und hoffen dabei mit unserer Expertise im Bereich Softwareentwicklung einen wichtigen Beitrag leisten zu können. Wir glauben, dass nur durch eine kostengünstige Bereitstellung durch die öffentliche Hand die dringend benötigte Reichweite in kurzer Zeit erzielt werden kann. Die jüngsten Nachrichten bzgl. fortschreiten des Klimawandels zeigen deutlich, dass wir nicht mehr viel Zeit haben gegenzusteuern.


Supply Chain Transparency (SCT) - English version

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